Beim ersten Gespräch mit Ihrem Arzt wird dieser versuchen, Ihre Beschwerden genauer zu verstehen, um die richtige Diagnose stellen zu können. Hierzu hat er verschiedene Möglichkeiten, um schnell Aufschluss über Ihre Blasengesundheit zu gewinnen.
Eine Übersicht der einzelnen Schritte finden Sie im Folgenden:
Zunächst wird Ihr Arzt ein intensives Gespräch mit Ihnen führen und dokumentieren, um weitere Informationen zu Ihrem Gesundheitszustand zu erhalten. Dies bezeichnet man als Anamnese. Hierbei wird der Arzt unter anderem Folgendes abfragen:
Im Gespräch hat Ihr Arzt einen ersten Eindruck von Ihrer derzeitigen Situation gewonnen. Er wird Sie nun bitten, ein sogenanntes Miktionstagebuch für mindestens 2 Tage auszufüllen, um noch weitere hilfreiche Informationen über Ihre Blasenaktivität zu erhalten.
Mit Ihrem persönlichen Miktionstagebuch erhält Ihr Arzt einen genauen Überblick über Ihre täglichen Gewohnheiten und Ihre Blasenaktivität. So kann er Unregelmäßigkeiten aufdecken und Klarheit über die Intensität Ihres Blasenproblems erhalten. Bei Ihrem nächsten Termin wird Ihr Arzt dann das von Ihnen ausgefüllte Miktionstagebuch gemeinsam mit Ihnen besprechen.
In nachfolgendem Video finden Sie eine anschauliche Erklärung zu Ihrem persönlichen Miktionstagebuch. Falls dabei noch Fragen offen sind, dann zögern Sie nicht Ihren Arzt des Vertrauens darauf anzusprechen.
Manchmal sind Erstgespräch und Miktionstagebuch allein nicht ausreichend, um eventuell andere Erkrankungen mit gleichen oder ähnlichen Symptomen auszuschließen. In diesem Fall kann es hilfreich sein, weitere Untersuchungen durchzuführen.
Mit den folgenden Untersuchungen kann Ihr Arzt den Gesundheitszustand Ihrer Blase genauer beurteilen.
Durch eine urodynamische Untersuchung erhält Ihr Arzt Informationen über die Funktionalität Ihrer Harnblase, also deren Fähigkeit, Harn abzugeben und zu speichern.
Aus den Untersuchungsbefunden kann Ihr Arzt eine individuelle Diagnose ableiten und einen auf Ihre Blasenbeschwerden zugeschnittenen Behandlungsplan erstellen. Dazu zählen neben einer Verhaltens- und Physiotherapie auch eine medikamentöse oder gegebenenfalls chirurgische Behandlung.
Die menschliche Blase ist ein hoch komplexes und sensibles Organ. Wenn Sie länger anhaltende oder sich verschlechternde Beschwerden haben, sollten Sie dringend einen Arzt aufsuchen. Er wird behandelnde Maßnahmen einleiten oder Sie bei Bedarf an einen Spezialisten überweisen.
Ein großer erster Schritt ist getan – Sie haben den Mut gefasst und sich Ihrem Arzt anvertraut. Nach einem ersten intensiven Gespräch und einigen Untersuchungen hat dieser die Diagnose ÜAB gestellt. Was bedeutet das nun für Sie?
Eine ÜAB ist in den meisten Fällen sehr gut therapierbar und somit in den Griff zu bekommen. Ihr Arzt wird mit Ihnen die verschiedenen Behandlungsoptionen besprechen und die für Sie am besten geeignete Therapie beginnen. Teilen Sie Ihrem Arzt im Gespräch mit was Sie sich von Ihrer Therapie wünschen. Definieren Sie konkrete Behandlungsziele.
Einige Anregungen für Sie:
Anhand Ihrer Ziele können Sie Ihre Fortschritte und Ihre Zufriedenheit, aber auch mögliche Rückschritte, wie Nebenwirkungen oder eine Verschlechterung der Symptome, regelmäßig mit Ihrem Arzt besprechen. Bei der ÜAB handelt es sich um eine chronische Erkrankung. Eine konsequente und dauerhafte Einhaltung der mit Ihrem Arzt festgelegten Therapieschritte, wie z. B. der täglichen Tabletteneinnahme, ist besonders während der ersten vier Wochen entscheidend für eine Besserung der Beschwerden einer ÜAB. Auch wenn die Therapie nicht sofort wirkt, sollten Sie Ihre Bedenken zunächst mit Ihrem Arzt besprechen, bevor Sie Ihre Therapie eigenständig abbrechen. So können Sie gemeinsam eine andere Lösung finden.
Die Therapie einer ÜAB erfolgt üblicherweise konservativ. Das bedeutet, dass die Krankheit entweder mit Hilfe einer Verhaltens- und Physiotherapie (Säule 1) und/oder Medikamenten (Säule 2) behandelt wird. Im Gegensatz dazu gibt es auch eine chirurgische Therapie, also eine Operation (Säule 3).
Üblicherweise wird Ihr Arzt die Therapie einer ÜAB zunächst mit einer Verhaltens- und/oder Physiotherapie beginnen.
Hierbei versucht Ihr Arzt, Ihr alltägliches Trink- und Miktionsverhalten genauer zu analysieren und anschließend behutsam anzupassen. Dafür ist das Miktionstagebuch besonders geeignet, denn es hilft, Verhaltensmuster einfacher zu erkennen.
Zur Optimierung der Trinkgewohnheiten können folgende Maßnahmen helfen:
Um das Miktionsverhalten anzupassen, kann ein sogenanntes Blasentraining zum Einsatz kommen. Hierbei wird gezielt versucht, den Harndrang aktiv zu kontrollieren, indem nur zu festgesetzten Zeitpunkten eine Toilette aufgesucht wird. Die Zeitabstände werden dabei immer weiter ausgedehnt. Hier einige Tipps dazu:
Ihr Arzt hat die Möglichkeit, Ihnen ein Rezept für physiotherapeutische Maßnahmen zu verschreiben. Hierbei wird Ihnen unter fachlicher Anleitung eines Physiotherapeuten gezeigt, welche Übungen Sie durchführen können, um gezielt Ihre Blasenfunktion zu unterstützen.
In der ersten Sitzung wird Ihnen Ihr Physiotherapeut umfassende Fragen stellen und Ihre körperliche Gesundheit durch verschiedene Funktionstests (auf muskulärer Ebene) beurteilen. Darauf wird Ihre physiotherapeutische Behandlung aufgebaut.
In der klassischen Behandlung zur Harninkontinenz berücksichtigt Ihr Physiotherapeut verschiedene Bereiche:
Durch wiederholte Termine kann der Behandlungserfolg gesichert werden. Auch ist es wichtig, dass Sie selbst zu Hause oder in einem Fitnessstudio die Übungen ausführen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Physiotherapeuten erarbeiten. So können Sie die Übungen optimal festigen und in Ihren Alltag integrieren.
Während Ihrer physiotherapeutischen Behandlung werden Sie einige Übungen erlernen, um nicht nur Ihren Beckenboden zu stärken, sondern diesen zunächst bewusst wahrzunehmen und kennenzulernen. Dazu sind folgende Übungen perfekt geeignet:
Legen Sie sich mit gestrecktem Rücken in die Seitenlage – Knie- und Hüftgelenke können locker gebeugt sein – und atmen Sie entspannt. Bei Bedarf legen Sie ein Kissen zwischen die Knie. Zur Orientierung suchen Sie mit der oben liegenden Hand erst das Steißbein – tief zwischen den Gesäßfalten – und dann auf der Körpervorderseite das Schambein. Jetzt kennen Sie die Lage der Knochen und können sich darauf konzentrieren, mit wenig Kraft, aber hoher Aufmerksamkeit, Spannung zwischen diesen Knochen aufzubauen.
Am besten geht das, wenn Sie sich vorstellen, das Steißbein in Richtung Schambein zu ziehen. Wirbelsäule und Becken bleiben dabei entspannt liegen. Legen Sie nach der Anspannung kleine Pausen ein und wiederholen Sie die Übung einige Male. Mit etwas Training werden Sie spüren, wie nach der Anspannung die Muskulatur im Bauch und am Beckenausgang wieder locker lässt und die Atembewegung größer wird.
Setzen Sie sich aufrecht und mit angenehmer Körperspannung auf einen festen Untergrund. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Dammbereich (bei Frauen der Bereich zwischen Scheide und After) und versuchen Sie diesen nach innen-oben anzuheben. Verbinden Sie dies mit der Ausatmung oder atmen Sie ruhig weiter. Wiederholen Sie diese Übung einige Male.
Beim Husten (oder auch Niesen, Naseputzen, Lachen) entsteht im Bauchraum ein großer Druck, der von einem weniger leistungsfähigen Beckenboden nicht immer gut abgefedert werden kann. Versuchen Sie Folgendes, um Ihren Beckenboden zu entlasten und den Druck besser abzufangen:
Setzen Sie sich schnell und gerade gerichtet auf, Füße mit stabilem Kontakt zum Boden und Knie faustbreit geöffnet. Dann drehen Sie sich – nur mit dem Oberkörper – weit seitlich nach hinten-oben. Die gleichseitige Hand schließt vor den Mund. Probieren Sie es aus, es funktioniert auch im Stand und im Liegen. Zusätzlich hilfreich ist, dabei den Beckenboden so zu aktivieren, wie Sie es in Übung 1 gespürt haben.
Das Heben von schweren Gegenständen belastet den Beckenboden stark; daher sollten Sie es möglichst vermeiden. Wenn Sie dennoch einmal etwas Schweres heben müssen, beachten Sie folgende Tipps:
Stellen Sie sich in schulterbreitem Stand mit den Füßen fest auf den Boden. Gehen Sie in die Knie und schieben Sie den Po so weit es geht nach hinten (so, als würden Sie sich auf einen Stuhl setzen). Spüren Sie, wie Ihr Gewicht auf den Fersen liegt? Achten Sie auf eine gerade Rückenhaltung. Heben Sie nun den Gegenstand möglichst nah am Körper an. Atmen Sie dabei aus – am besten mit dem Ton „ffff“ oder „ch“.
Das Ziel einer medikamentösen Therapie ist die Entspannung der Blasenmuskulatur, um die damit einhergehenden Symptome zu lindern. Das Hauptsymptom der ÜAB – den ständigen, teils unkontrollierbaren Harndrang – kann man mit unterschiedlichen Substanzen in den Griff bekommen, die Einfluss auf den Blasenmuskel nehmen. Grundsätzlich kann dies auf zwei Wegen geschehen:
Wie in der Abbildung schematisch dargestellt, kann die übermäßige Aktivität der Harnblase gedämpft werden: entweder durch eine Hemmung der Blasenanspannung (Kontraktion) mit sogenannten Anticholinergika oder durch eine Stärkung der Blasenentspannung (Relaxation) mit Substanzen, die als Adrenergika bezeichnet werden.
Sie wollen die Wirkung der verschiedenen ÜAB-Medikamente genauer verstehen? Dann schauen Sie sich doch das folgende Video an.
Die dritte Säule beinhaltet operative Maßnahmen. Diese kommen jedoch erst dann zum Einsatz, wenn bereits alle anderen therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und sich Ihre Beschwerden dauerhaft nicht gebessert haben. Es gibt verschiedene Möglichkeiten einer operativen Therapie. Welche am besten geeignet ist, muss individuell entschieden werden.